• Orientierung und Faszination

    Kinder befassen sich mit verschiedenen Medienfiguren, da kindliche Interessen und Bedürfnisse ihre individuelle Erfahrungs- und Lebenswelt spiegeln und bei diesen unterschiedlichen entwicklungsbedingten und alltäglichen Faktoren eine Rolle spielen.

    Die Medienhelden beeinflussen das soziale Miteinander, das Handeln und Denken sowie das Verarbeiten und Verstehen von Gefühlen der Kinder und sorgen für Unterhaltung.

    Somit geben sie den Kindern Anregungen und Orientierung in ihrem Alltag. Bleibende Konsequenzen für die Persönlichkeit eines Kindes gibt es dabei nahezu keine. Kurzfristige Wirkungen, im Zusammenhang mit dem nachfühlenden Miterleben der Handlung und Stimmungen stehen, lassen sich hingegen häufiger feststellen. Ebenfalls sind Kinder im Vorschulalter oftmals von den Fähigkeiten und Eigenschaften der Medienhelden fasziniert.

    Für Eltern und Erzieher*innen können Mediengeschichten wertvolle Mittel sein, um kleinen Kindern beizubringen, wie man Herausforderungen in der realen Welt begegnet und sie überwindet. Neben der offensichtlichen Unterhaltung, die diese Geschichten bieten, können Eltern und Erzieher*innen mit den Kindern Gespräche über tiefere Bedeutungen in den Geschichten führen und so eine weiterführende Diskussion führen. Das kann sowohl Eltern als auch den Erzieher*innen helfen, etwas über die Emotionen der Kinder, ihre Ideen, die Wahrnehmung, die Bewertung der Handlungen und auch über die Stärken und Schwächen der Figuren herauszufinden.

    Erzieher*innen können Figuren aus Heldengeschichten in Büchern oder Videos nutzen, um Kindern Werte zu vermitteln und sie zu inspirieren. Geschichten und deren Medienfiguren beschreiben oft die Herausforderungen, denen Kinder auf ihrem Lebensweg begegnen.

    Medienhelden für Kinder

    Ein einfacher Weg zu verstehen wie sich kleine Kinder während ihrer Entwicklung fühlen und über verschiedene Aspekte des Lebens denken, ist es, sie zu ermutigen, ihre Lieblingshelden zu zeichnen. Dann können Eltern und/oder Erzieher*innen diese Zeichnungen nutzen, um ein Gespräch mit den Kindern darüber zu führen, warum sie diese Figuren mögen, und was die Stärken und Schwächen dieser Figuren sind.



    Die Rolle von Medienhelden

    Medienhelden können für Vorschulkinder eine Projektionsfläche sein. Sie können den Kindern dabei helfen Gefühle, Sorgen oder Bedürfnisse nach außen zu bringen. Außerdem können unbewusste Themen für die Kinder klarer und leichter zu bewältigen sein, wenn innere Probleme auf die Medienfiguren übertragen werden. Wenn ein Kind z.B. wütend oder traurig ist, kann das Gefühl auch auf eine mediale Figur projiziert werden. Gegebenenfalls kann das Kind so den Grund für seine Wut oder Trauer ausmachen, aber auch das Gefühl selbst verstehen und annehmen.

    Medienhelden können für Kinder zwischen drei und sechs Jahren eine Identifikationsfigur sein. Das kindliche Interesse für Medieninhalte nimmt zu, wenn die Geschichten in Zusammenhang mit der alltäglichen Lebenswelt der Kinder stehen. Besonders spannend sind vor allem charakteristische und zentrale Themen der Kindheit wie beispielweise der Umgang mit Verlustängsten oder dem Gefühl der Selbstwirksamkeit sowie die Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Die Medienhelden können die Kinder dabei unterstützen, das Geschehen einer Geschichte zu verfolgen du den Inhalt zu verstehen. Insbesondere die Anteilnahme an Handlungen und Gefühlen sind dabei wichtig. Wenn beispielsweise Kater Findus aus „Petterson und Findus“ sich mit viel Verstand und Humor einer beängstigenden Situation stellt oder die kleine Hexe „Bibi Blocksberg“ ihre Zauberkräfte einsetzt, um sich davor zu drücken ihr Kinderzimmer aufzuräumen, verfolgen Kinder mit Interesse die Handlungen ihrer Helden und fühlen sich aufgrund des Bezugs zur Lebenswelt angesprochen.

    Gute und böse Charaktere

    Die Annahme, dass die mächtigen und starken Figuren, die gegen das Unrecht kämpfen, von Kindern bevorzugt werden, ist ein Irrtum. Auch die Figuren mit bösen Charaktereigenschaften oder die schutzbedürftigen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Kinder.

    Böse Figuren bieten den Kindern beispielsweise die Möglichkeit, sich mit Rachegefühlen oder alltagsbezogenen, tabuisierten Aggressionen auseinanderzusetzen. Sind Figuren schutzbedürftig, können Kinder sich mit der Rolle als Opfer auseinandersetzen. In einer Form der ungestraften Problembehandlung erkennen und erleben die Kinder in Vertretung durch die Medienfigur mögliche Reaktionen und Konsequenzen auf das Verhalten aus sicherer Entfernung und können diese mit ihren eigenen Bedürfnissen und Zielen vergleichen.

    Im Gespräch über die Lieblingsfiguren der Kinder, können Sie gemeinsam zusammentragen, welche Eigenschaften der Figuren den Kindern besonders gefallen und welche nicht. Zusammen mit Ihnen, können die Kinder die positiven und negativen Merkmale ihrer medialen Helden als Collage sammeln. Es fällt Kindern erfahrungsgemäß allerdings schwerer, negative Merkmale bei ihrer Lieblingsfigur zu benennen. Bei Figuren, die sie ablehnen fällt ihnen das nicht so schwer.



    Auf diese Weise können einzelne Charaktereigenschaften, äußere Merkmale und bestimmte Verhaltensweisen einer Medienfigur Kindern zwischen drei und sechs Jahren Anregungen und Orientierung für ihr eigenes Verhalten bieten. Dieses Imitieren sollte nicht mit dem Nachspielen von Medieninhalten verwechselt werden. Beim Nachspielen verkleiden sich die Kinder als eine Medienfigur und spielen bestimmte Handlungsszenen nach oder sie denken sich neue Geschichten für die Figuren aus, um so Medienerlebnisse zu verarbeiten.

    Kinder zwischen drei und sechs Jahren verarbeiten ihre Erfahrungen aus dem Alltag oftmals im Rollenspiel. Es kann daher für Sie hilfreich sein, wenn Sie die Kinder Figuren aus Kindermedien nachspielen lassen, um beispielsweis zu hinterfragen, welche Merkmale von Medienfiguren im Alltag nützlich und wünschenswert wären.

    Stärkung von Beziehungen

    Wenn man sich die Lieblingshelden der Kinder genauer anschaut, zeigen sich deutliche Gemeinsamkeiten bei der Popularität bestimmter Figurentypen. Die meisten Kinder sind fasziniert von übermenschlichen Fähigkeiten, magischen Fähigkeiten und Zauberei (z.B. besonders stark sein, sich verwandeln oder fliegen können). Solche Figuren zeichnen sich durch Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Erfolg und Macht aus, was auch für die Kinder erstrebenswerte Eigenschaften sind.

    Auch wofür sich Gleichaltrige gerade besonders begeistern hat sehr oft Einfluss auf die Wahl der Lieblingsfigur. Unterschiedliche Meinungen zu den verschiedenen Figuren geben Anlass zur Kommunikation und geben den Anstoß für einen gemeinsamen Austausch. Unter Freunden können die Lieblings-Medienhelden interne Verbundenheit innerhalb der Gruppe festigen und den Kindern Anlässe zum Reden und Spielen geben. Das gemeinschaftliche Wissen über bestimmte Figuren kann aber auch als Abgrenzung nach außen dienen, was erneut die interne Gruppenbeziehung festigt.

    Medienfiguren ermöglichen den Kindern Expert*innen auf ihrem Gebiet zu sein, was ebenfalls Auswirkungen auf das soziale Miteinander der Kinder hat.


    Es kann Zustimmung und Wertschätzung anderer Kinder mit sich bringen, wenn ein Kind sich besonders gut bestimmten Medienfiguren und -inhalten auskennt. Spiele und Gespräche rund um Lieblingsfiguren verstärken wiederum die Beliebtheit und Bekanntheit des Kindes.


    Verständnisfragen

    1. Welche allgemeinen Merkmale zeichnen die Medienhelden der Kinder aus?

    2. Was können Kinder von ihren Lieblings-Medienhelden lernen?

    3. Wie kann man die "Helden"-Figuren für die tägliche Arbeit mit Kindern im Kindergarten einsetzen?