Das Kindergartenkinder die Grundlagen des Programmierens lernen ist einfacher als man denkt. Bereits Vorschulkinder können grundlegenden Programmierkonzepte verstehen, auch wenn sie nicht wissen, was sie im Einzelnen bedeuten.
Wie kann Programmierung also für Vorschulkinder gestaltet werden? Es zeigt sich schnell, dass wir alle regelmäßig Programmierkonzepte nutzen, ohne darüber nachzudenken. Es scheint zu überraschen, dass fast alles was man im täglichen Leben tut, als Beispiel
herangezogen werden kann, um Kindern das Konzept der Computerprogrammierung beizubringen: Kuchen backen, Kleidung anziehen, Zähne putzen uvm. All diese Tätigkeiten sind praxistaugliche Algorithmen, die wir täglich ausführen und die sich sehr gut dafür
eigenen, im Kindergarten als Beispiele für Programmierung verwendet zu werden.
Die Grundkonzepte der Programmierung werden im Folgenden an einfachen Beispielen vorgestellt, welche ganz einfach im Kindergarten genutzt werden können. Das Tolle ist, dass zur Vermittlung dieser Grundprinzipien weder ein Computer, noch sonst ein digitales Medium nötig ist.
Konzept 1 – Algorithmus
Bei dem Versuch, Kinder an das Thema Programmierung heranzuführen, bietet es sich an mit einer Lektion über Algorithmen zu beginnen. Das Wort Algorithmus wird einem Fünfjährigen erst einmal nicht geläufig sein, allerdings ist es ein täglich verwendetes
Konzept und leicht verständlich.
Ein Algorithmus ist eine Anweisung, welche geben wird, damit eine bestimmte Aufgabe erfüllt wird, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Er beschreibt die Reihenfolge bzw. Anordnung von Befehlen bzw. Arbeitsschritten.
Ein Computerprogrammierer schreibt also einen Algorithmus, um dem Computer zu sagen, WIE er eine bestimmte Aufgabe ausführen soll, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Dazu verwendet er bestimmte elementare Anweisungen, wie die Sequenz, die Schleife
oder die Verzweigung.
Algorithmen setzen sich immer aus einer Abfolge von Arbeitsschritten zusammen
Sehen Sie sich dieses kurze Video an, um zu sehen, dass Algorithmen Teil unseres täglichen Lebens sind.
Überlegen Sie zusammen mit den Kindern in welcher Reihenfolge man sich einkleidet. Sie würden wohl nicht die Unterwäsche über der Hose anziehen oder das T-Shirt über dem Pullover. Beim Anziehen wird eine bestimmte Reihenfolge eingehalten, damit man am
Ende auch richtig gekleidet ist. Lassen Sie die Kinder einen Algorithmus zum Anziehen entwickeln, in dem sie die einzelnen Schritte in der entsprechenden Reihenfolge auf Papier malen.
Das Prinzip von Anweisungen und deren Reihenfolgen kennen Kinder aus ihrem täglichen Leben: Aufstehen, Zähne putzen, zum Kindergarten gehen, ankommen, Ausziehen, Hausschuhe anziehen, usw. Das bedeutet also, den Kindern Algorithmen mit Worten zu erklären,
die sie gut verstehen.
Machen Sie die Kinder darauf aufmerksam, wie oft sie in ihrem Alltag auf Reihenfolgen/Algorithmen treffen. Neben den bereits beschriebenen Abfolgen, wie Zähneputzen oder Anziehen, sind Tätigkeiten wie Bauen, Basteln oder Kochen ebenfalls Algorithmen.
Lassen Sie sich von den Kindern die einzelnen Arbeitsschritte nennen.
Das Befassen mit Algorithmen lässt sich sehr gut mithilfe von Fotos unterstützen, indem die einzelnen Schritte z.B. beim Backen, in Bildern festgehalten werden. Diese können dann in der entsprechenden Reihenfolge aufgehangen oder ausgelegt werden.
Beispielvorlage “Finde den Algorithmus”
Konzept 2 – Anweisungen und Sequenz
Anweisungen und Sequenzen gehören zu den elementaren Bausteinen eines Algorithmus. Kindern dieses Konzept zu erklären ist sehr einfach.
Grundsätzlich versteht man darunter, dass eine Aufgabe in einer bestimmten Reihenfolge erledigt wird. Die Abfolge der Aufgabe wird also mithilfe mehrerer Anweisungen ganz genau sortiert. Eine einzelne Aufgabe, die man einem Kind gibt bzw. einen einzelnen Auftrag heißt Anweisung. Eine einzelne Anweisung ist z.B. „Aufstehen“ oder „gehe 10 Schritte“. Erhält man mehrere Anweisungen hintereinander, handelt es sich um eine Sequenz, z.B. „gehe 10 Schritte“, „biege links ab“, „gehe 5 Schritte“.
TDas Erledigen bestimmter Aufgaben in der entsprechenden Reihenfolge, gehört zu den Kernkompetenzen, die Kinder in vielen Bereichen erlernen, was die Einführung in die Programmierung fachübergreifend möglich macht. Es ist also nicht nötig extra Zeit für
die Vermittlung der Programmierung im bestehenden Tagesablauf zu schaffen.
Sie können eine Übung zum Thema Anweisungen und Sequenzen in ihren pädagogischen Alltag einbauen, während Sie den Kindern ein Buch vorlesen oder zusammen ein Buch anschauen. Versuchen Sie, gemeinsam die Geschichte in einzelne Ereignisse (entsprechen den
Anweisungen) aufzubrechen (in der Reihenfolge der Ereignisse ist es dann eine Sequenz). Sie können die Kinder z.B. das Märchen von Rotkäppchen in die richtige Ereignisreihenfolge bringen lassen. Darüber werden die Kinder die Sequenz einer Geschichte
verstehen lernen.
Konzept 3 – Schleife
Wird mit Kindern über den Begriff „Schleife“ gesprochen, haben sie sicherlich bereits eine Vorstellung davon im Kopf. Es handelt sich um etwas, dass sich immer im Kreis dreht, also wiederholt.
Wenn Sequenzen, also mehrere Anweisungen hintereinander, mehrmals, immer wieder oder bis zur Erfüllung einer bestimmten Bedingung wiederholt werden sollen, wird von Schleifen gesprochen.
Auch hier ist es hilfreich, auf alltägliche Lebensrealität zurückzugreifen, um Kindern das Konzept Schleife zu erklären. Hier bieten sich Dinge an, die die Kinder jeden Tag tun, also jeden Tag aufs Neue wiederholen: Zähneputzen, Abendessen, in den Kindergarten
gehen uvm. Diese Tätigkeiten üben sie wiederum in einer bestimmten Reihenfolge aus.
Mithilfe von Schleifen wird der Computeralgorithmus, aber auch unser tägliches Leben einfacher und effizienter. Z.B. wird den Kindern im Kindergarten nur noch gesagt, dass sie sich anziehen sollen, wenn es, wie jeden Tag, zum Spielen in den Garten geht.
Der Erzieher erklärt den Kindern nicht mehr in einzelnen Schritten in welcher Reihenfolge sie welches Kleidungsstück anziehen sollen.
Der Unterschied zwischen Sequenz, Auswahl und Schleife wird in diesem Video erklärt.
Konzept 4 – Zerlegung
Mit Zerlegung ist gemeint, dass Probleme in überschaubare und kleinere Schritte zerlegt werden. Für einen Computer bedeutet es also, dass ihm Aufgaben, die er ausführen soll, in so kleinteiligen Stücken mitgeteilt werden, dass er sie verstehen kann.
Ermutigen Sie die Kinder, ihre alltäglichen Aktivitäten in kleine Schritte aufzuschlüsseln. Lassen Sie sich von den Kindern z.B. erklären, wie man sich die Zähne putzt. Es ist leicht zu sagen, dass man die Zahnbürste nimmt und sich die Zähne putzt.
Bringen Sie die Kinder dazu, an kleinere Schritte zu denken: Zuerst nehmt ihr Wasser, dann nehmt ihr die Zahnbürste, dann gebt ihr Zahnpasta auf die Zahnbürste, dann fügt ihr etwas Wasser hinzu, dann führt ihr die Zahnbürste zu den Zähnen und
schrubbt die Zahnbürste auf den Zähnen hin und her und so weiter. Natürlich muss dieser Vorgang so oft wie nötig wiederholt werden, bis er abgeschlossen ist. Es gibt viele Schritte beim Zähneputzen.
Beispielvorlage “Rollenspiel zum Üben von Algorithmen”
Konzept 5 – Verzweigung
Strukturen, bei denen Anweisungen ausgeführt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind und andere Anweisungen, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, heißen Verzweigungen. Es wird also eine Entscheidung darüber getroffen, was passiert und was nicht.
Um Kindern das Konzept der Verzweigung zu erläutern, kann beispielweise ihr Tagesablauf herangezogen werden. Jeden Tag stehen die Kinder auf, frühstücken, putzen sich die Zähne, gehen in die Kita, kommen von der Kita nach Hause, spielen, essen Abendbrot,
putzen sich die Zähne, bekommen ein Buch vorgelesen und gehen schlafen. Dieser Tagesablauf kann am Donnerstag jedoch anders verlaufen als an den restlichen Wochentagen, weil das Kind beispielweise am Nachmittag noch in die Musikschule geht.
Lassen Sie sich von den Kindern ihren normalen Tagesablauf erklären. Fragen Sie sie anschließend: „Was passiert aber, wenn du am Dienstag nach dem Kindergarten Tanzunterricht hast?“ oder „Am Freitag gehst du noch bei einem Freund spielen und isst dort
mit Abendbrot. Was bedeutet das?“ So werden die Kinder schnell etwas mit dem Begriff Verzeigung anfangen können.
Konzept 6 – Debugging
Unter Debugging versteht man im Grunde die Behebung eines Problems, auf das man stößt, während Anweisungen gegeben werden, um zu einem bestimmten Ziel zu gelangen
Hintergrundinformation – Bug (engl. Käfer, Insekt):
Als Bugs werden Programm- oder Softwarefehler bezeichnet, die zu einem unerwünschten bzw. unerwarteten Verhalten von Computerprogrammen führen. Die Bezeichnung Bug wird in
Verbindung gebracht mit der Wissenschaftlerin Grace Murray Hopper (1906-1992), die eine tote Motte als Fehlerursache bei einem teilweise elektromechanischen Computer (Mark II) entdeckte.
Teilen Sie Ihr Wissen über die Wortherkunft des Bugs mit Kindern. Sie finden es sicher lustig.
Wenn man mit Kindern also über das Konzept des Debuggings spricht, müssen sie verstehen lernen, dass darunter die Behebung eines potenziellen Problems zu verstehen ist. Die Vermittlung dieses Konzeptes ist gut für den Kindergarten geeignet, da es Fähigkeiten
vermittelt, die weit über Grundkenntnisse im Programmieren hinaus gehen. Dazu zählen Fähigkeit, welche für die Zukunft der Kinder unerlässlich sind, wie z.B. Problemlösungen zu finden und Resilienz.
Eine gutes Beispiel um Kindergartenkindern das Konzept des Debuggings zu erklären ist ihnen eine Aufgabe zu geben, die sie in einer bestimmten Reihenfolge erledigen sollen und dabei absichtlich einen Fehler einzubauen. Schreiben Sie also eine „Sequenz“
und setzen Sie einen Schritt falsch. Die Kinder werden merken, dass Sie so nicht zum Ziel kommen und müssen selbst herausfinden, wo der Fehler liegt und ihn beheben.
Debugging ist nicht das am Einfachsten zu verstehende Programmierungskonzept. Einige Kinder können ungeduldig werden, wenn sie die Antwort bzw. Lösung nicht sofort bekommen. In der Computerprogrammierung spielt dieses Konzept aber eine große Rolle und
es zu erlernen kann auch im täglichen Leben sehr hilfreich sein.
Beispielalgorithmus – Zähneputzen (stark vereinfacht)
Alle vorgestellten Programmierungskonzepte sind wichtig für Kinder, nicht nur um Programmieren, sondern auch alltägliche Fähigkeiten zu erlernen, die ihnen ihr ganzes Leben lang nützlich sein können. Daher sollte man hier auch schon bei jüngeren Kindern
mit der Wissensvermittlung anfangen. Programmierung ist nicht ausschließlich etwas für Erwachsene, sondern ist für Kinder genauso wichtig. Je mehr Kinder über Programmierung in jungen Jahren lernen, umso besser und erfolgreicher sind sie für die Zukunft
gerüstet.
Schöne Vorlesebücher mit tollen Übungen, die auch sehr gut für den Kindergarten geeignet sind, sind die die Bücher rund um die Heldin Ruby. Mittlerweile hat die junge Autorin Linda Liukas vier „Hello Ruby“-Geschichten in über 22 Sprachen veröffentlicht,
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Die "Hello Ruby"-Bücher bieten vielen Möglichkeiten zum Üben von Coding-Fähigkeiten
Verständnisfragen
1. Wie können Sie kleinen Kindern Sequenz, Schleife und Verzweigung erklären?
2. Was ist ein Algorithmus, der sich auf einfache Alltagsaufgaben bezieht?
3. Wie kann das Konzept Zerlegung kleinen Kindern erleichternd vermittelt werden?